Beiträge im Sammelband „Historische Berufsbildungsforschung“ (2020)

Historische Berufsbildungsforschung

Historische Berufsbildungsforschung. Perspektiven auf Wissenschaftsgenese und -dynamik

von Kaiser, Franz & Götzl, Mathias (Hrsg.)

ISBN: 978-3-948719-06-7
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Klappentext:

Jeder Wissenschaftsdisziplin hilft ein Bewusstsein ihrer Geschichte und die Kenntnis ihrer Vielfalt, Paradigmen und Entwicklungsmöglichkeiten. Darauf basierend können Forschende ihr spezifisches Potential, Wissen und Handlungsrepertoire entfalten. Dabei ist Geschichtsschreibung und historische Berufsbildungsforschung immer zugleich selbst gefangen in ihrer je eigenen Zeit, beschränkt durch die Perspektiven der Personen, die sich an dem Rückblick beteiligen. Das macht Geschichte auch immer zur Geschichte der Herrschenden, die eine spezifische Perspektive und die mit ihr verbundene Forschung schreibend tradieren. Deshalb ist Vielfalt für die historische Berufsbildungsforschung so wertvoll, weil sie sich gegen verengte, eindimensionale Retrospektive stellt, gewissermaßen in die Ritzen und Fugen der Zeit schauen lässt.

Basierend auf einer Tagung der Herausgeber im September 2019 zu „Retrospektiven, Perspektiven & Synergien einer Historischen Berufsbildungs- und Wissenschaftsforschung“ an der Universität Rostock, entfaltet sich die Bandbreite der historischen Berufsbildungsforschung. Der Band vereint paradigmatische, mal stärker biografischen Zugänge sowie systemisch-gesellschaftspolitische und schließlich Analysen zur Genese der Wissenschaftsdisziplin. In den Beiträgen wird dem Einfluss von Einzelpersönlichkeiten und Forschungsparadigmen ebenso wie dem von Bildungssystemen am Beispiel der DDR, Skandinaviens und der bundesdeutschen Bildungspolitik nachgegangen. Vereint sind sowohl Beiträge zur Entstehung der Berufs- und Wirtschaftspädagogik, zur Rekonstruktion der Benachteiligtenförderung, Soziökonomie, Pflegedidaktik und Frauenforschung als auch Analysen berufsspezifischer Betrachtungen am Beispiel des Druckgewerbes, der Offiziere und der Ausbilder*innen.

Die Rostocker Berufspädagogik möchte neugierig machen auf forschende Entdeckung der Geschichten in der Geschichte eines politisch-pädagogischen Gestaltungsfeldes zwischen Wirtschafts- und Bildungssystem.

Einführungen in die Berufs- und Wirtschaftspädagogik

Eine Analyse der Entstehung von Lehrbüchern im Kontext der Institutionalisierung der Disziplin.

 

Abstract

Die erziehungswissenschaftliche (Teil-)Disziplin Berufs- und Wirtschaftspädagogik kann nach Luhmann (2015, S. 282 ff., 446 ff., 587 f.) und Stichweh (2013a, S. 55 f.; 2013b, S. 17 f.) als Kommunikations- und „Diskursgemeinschaft“ (Austermann 2015, S. 33) von Spezialist(inn)en verstanden werden. Damit ebenjene Kommunikation und ebenjener Diskurs stetig fortgesetzt werden können, besteht die wichtigste Aufgabe einer Disziplin darin, eine stabile Selbstrekrutierung des eigenen wissenschaftlichen Nachwuchses sicherzustellen (Stichweh 2013a, S. 55 f., 2013b, S. 17 & Luhmann 2015, S. 282 f.).

Eine wissenschaftliche Disziplin kann dies nach Clark (1972, S. 662 ff.) über die Etablierung grundständischer und fortgeschrittener Ausbildungsprogramme bewerkstelligen (Clark 1972, S. 662 ff.; Krohn & Küppers 1989, S. 96 ff. & Stichweh 2013a, S. 55 f.). Dafür ist es jedoch erforderlich, dass sie über ein gemeinschaftlich geteiltes und regelmäßig aktualisiertes Selbstverständnis verfügt, welches sich gleichwohl in den Lehrbüchern – als Verschriftlichungen der akademischen Ausbildungsprogramme – expliziert. Somit stellen berufs- und wirtschaftspädagogische Lehrbücher ein wichtiges Moment der Selbstreflexion der wissenschaftlichen Disziplin Berufs- und Wirtschaftspädagogik dar. Dennoch ist das in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik existierende Wissen über die eigenen Lehrbücher (noch) sehr begrenzt.

An diesem Forschungsdesiderat setzt der vorliegende Beitrag an. Sein Ziel ist es, durch die systematische bibliometrische Erfassung und die – im ersten Schritt – quantitative Analyse der Lehrbücher, insb. bezüglich Autorenschaften, Erscheinungsjahren, Auflagenzahlen und Zugehörigkeiten zu Subdisziplinen, eine wichtige Grundlage für die weitere Untersuchung des Selbstverständnisses der Disziplin zu leisten.

NETZWERK-BWP. Zur Entwicklung der Berufs- und Wirtschaftspädagogik als wissenschaftliche Disziplin

Götzl, M., Geiser, P. & Müller, N. (2020). NETZWERK-BWP. Zur Entwicklung der Berufs- und Wirtschaftspädagogik als wissenschaftliche Disziplin. In F. Kaiser & M. Götzl (Hrsg.), Historische Berufsbildungsforschung. Perspektiven auf Wissenschaftsgenese und -dynamik (S. 73–92). Detmold: Eusl.

 

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Abstract

Am Beginn der disziplingeschichtlichen Auseinandersetzung mit der Berufs- und Wirtschaftspädagogik (BWP) steht die Frage, wie die BWP zu dem geworden ist, was sie heute
ist. Diese umfassende Fragestellung nach der Entwicklung der Sozial-, Ideen- und Lehrgestalt der BWP kann zweifellos nicht in einem einzelnen Beitrag allumfassend beantwortet
werden. Im vorliegenden Beitrag wird daher einerseits das Projekt NETZWERK-BWP vorgestellt, in dem die Entwicklung der BWP als wissenschaftliche Kommunikationsgemeinschaft von Spezialist*innen mit unterschiedlichen wissenschaftssoziologischen Ansätzen und Methoden untersucht wird und das seit kurzem Teil eines wissenschaftlichen Netzwerkes der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit dem Titel „Erziehungswissenschaft | en? Empirie(n), Epistemologie(n) und Geschichte(n) erziehungswissenschaftIicher Theorieentwicklung und Forschung“ ist. Anderseits werden mit der sich im Zeitverlauf wandelnden Sozialgestalt der BWP, mit ihren Professor*innen und ihren wissenschaftlichen Schulen, Netzwerken und Clustern, die wissenschaftssoziologischen Grundlagen des Projekts und der gleichnamigen Forschungsgruppe und ein konkretes methodisches Setting fokussiert. Diesbezüglich wurde auf der Basis einer breit gefächerten Dokumentenanalyse ein kollektivbiographischer Datenkorpus (N=212) der Professor*innen der BWP erstellt, der erste Netzwerk- und Clusteranalysen anhand von Qualifikations- und Arbeitsbeziehungen und somit eine Beschreibung der Entwicklung der Sozialgestalt der BWP ermöglicht. Im Beitrag werden zudem die technische Seite der Datenerfassung und Datenhaltung mittels Datenbanken sowie die Anbindung weiterer Teilprojekte vorgestellt und diskutiert, die perspektivisch einen empirisch fundierten Blick auf die Entwicklung der Sozial-, Ideen- und Lehrgestalt der BWP und weiterer wissenschaftlicher Disziplinen ermöglichen sollen.

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